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07.04.2017

Fällt Europa wie Jesus ein drittes Mal?

Am steinernen Kreuz

Das Band der Generationen

Kreuz mit Herz

Kreuz mit Stein der Lebenslast

Vor der Blasiuskirche

Vor der Kirche St. Blasius

Vor der Kirche St. Blasius

RAITENBUCH (ley) – Beim nun schon dritten Dekanatskreuzweg des katholischen Dekanats Weißenburg-Wemding spielt zumindest sprichwörtlich auch Petrus bestens mit. Er hatte der Bibel nach Jesus dreimal verleugnet. Der Herr wiederum ist bei seinem Kreuzweg ebenso oft gestürzt. In unserer Zeit indes droht auch Europa nach zwei Weltkriegen ein drittes Mal zu fallen – so ein Aspekt der Veranstaltung, die Heils- und Weltgeschichte besinnlich verknüpft.

Eingedenk der Römer, an die vor Ort die Reste eines Kleinkastells erinnern und deren Limes die Landschaft einst durchzog, erinnert da etwa Dekan Konrad Bayerle in der örtlichen St.Blasius-Kirche an die politischen Abschottungstendenzen unserer Tage. Viele Menschen kämen zudem immer stärker an die Grenzen der Belastungsfähigkeit sowie des Verstehens einer immer komplexeren Welt. Kreuzwege selbst seien Grenzgänge, am Kreuz wiederum sei auch der Heiland bis an seine eigene Grenze gegangen, um den Menschen seine grenzenlose Liebe zu erweisen. Dabei seien es die Menschen gewesen, die „über ihm den Stab gebrochen haben“, wie es bei der ersten Station an jenem Brunnen heißt, mit dem vor fast eineinhalb Jahrzehnten die Dorferneuerung gekrönt wurde. Ein öffentlicher Ort, bei dem Grenzen oft aufweichen. Mit Gebeten für die Verurteilten der Welt geht es weiter. Oft fallen die Urteile bekanntlich zu Unrecht. Vielleicht war ja schon damals die Hilfe beim Kreutztragen durch Simon von Zyrene ein „solidarischer Akt, eine Handlung des Widerstandes“, wie es bei der nächsten Station am Kindergarten heißt, an dem die Gebete vor allem der jungen Generation gelten. Etwas weiter am Sport- und Gemeindezentrum wird klar, dass man eben vieles tatsächlich nur gemeinsam schultern kann. An seinem Kreuz aber, so wird es deutlich, trage „der Menschenfreund Jesus“ wohl im Blick auf das Leid der Welt heute noch schwer. Dennoch hat er damals, bei allem eigenen Schmerz, die Menschen im Blick gehabt: Die, die ihn hinrichteten, die Mitverurteilten und natürlich auch seine Mutter, die er an seinen Lieblingsjünger Johannes verwies. Bei der Anna-Kapelle (Jesu Großmutter gewidmet) gedenken die knapp 100 Pilger deswegen auch des Miteinanders der Generationen, das auch oft durch viel Leiden geprägt ist, zugleich aber ein festes Band bildet. Bei der sogenannten Fichur-Kapelle wird dann die bedrückende Eingangsfrage aufgeworfen. „Jesus fällt ein drittes Mal – steht auch uns ein neuer Fall bevor?“ Es folgen von Jugendliche vorgelesene Schlagzeilen, die ein „Ja“ befürchten lassen. Nach dem Fall kommt das – vielleicht nur vermeintliche – Ende. Deutlich wird das bei einem Steinkreuz in Raitenbuch, bei dem Dekanatsreferent Andreas Weiß an den verstorbenen Regisseur Christoph Schlingensief erinnert, dem der Lungenkrebs zum Verhängnis wurde. Und zwar „gnadenlos real“, wie er es selbst sagte. Er warf darüber die Frage auf, ob Gott ein „gescheiterter Künstler“ ist. Dem widerspricht Bayerle beim Kreuzweg: „Gott hat uns nicht als Kunstwerk geschaffen, bei dem der letzte Pinselstrich durch ihn schon gesetzt ist, sondern er lässt uns Menschen mitgestalten an dieser unseren Welt, an unserem Leben und Zusammenleben.“ Nach dem Tod Jesu wurde dessen Leichnam zunächst in die Arme seiner Mutter gelegt. Ihren unsagbaren Schmerz verdeutlicht die letzte Station des Kreuzwegs zurück an der Kirche, bei der eine Skulptur genau diese Szene darstellt. Und so ist es das Herz als Symbol der Liebe an sich, das neben den vielen anderen Symbolen des Weges ans mitgeführte Kreuz geheftet wird. Aber dies in einer starken, inneren Gewissheit: „Die Liebe ist das Letzte, das uns bleibt, aber auch das einzige, das uns niemand nehmen kann, nicht einmal der Tod.“ Seinen Abschluss findet der Kreuzweg, bei dem sich neben der katholischen auch die evangelische Landjugend beteiligt, am Gemeindezentrum beim geselligen Ausklang.

Bericht und Fotos: Jürgen Leykamm

Mit freundlicher Genehmigung des Autors