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29.01.2016

Benediktinische Spiritualität im Hier und Jetzt

Dekan Konrad Bayerle, Sr. M. Elisabeth Hartwig OSB und Pfarrer Michael Maul

Beim „Tag des Geweihten Lebens“ in Monheim stellt Sr. M. Elisabeth Hartwig OSB das Ordensleben der Benediktinerinnen in Geschichte und Gegenwart vor.

Beim „Tag des Geweihten Lebens“ in Monheim stellt Sr. M. Elisabeth Hartwig OSB das Ordensleben der Benediktinerinnen in Geschichte und Gegenwart vor.

Schon bei der Begrüßung im Gottesdienst fasste Dekan Konrad Bayerle zusammen, worum es beim „Tag des geweihten Lebens“, den das Dekanat Weißenburg-Wemding in jedem Jahr eine Woche vor „Darstellung des Herrn“ feiert, gehe: um das Beten und Denken an Menschen die als Diakone, Priester oder als Ordensleute Jesus nachfolgen. Aber der Dekan machte zugleich deutlich, dass es auch um die Berufung eines jeden gehe, der auf der Suche nach dem Sinn des Lebens sei und vor der Frage stehe, was Gott sich von einem wünsche. Drei Schwerpunkte, von denen Papst Franziskus bei einer Rede an Ordensleute sprach, rief Dekan Bayerle den Gottesdienstteilnehmern in Erinnerung. Das Charisma einer jeden Ordensgemeinschaft sei ein großer Schatz, auf den sich jeder Orden berufen könne. Die Erinnerung daran, wie jede Gemeinschaft mehrmals täglich das Lob Gottes singe, das geistliche und gemeinschaftliche Leben teile und wie die Ordensfrauen und Ordensmänner mit Kreativität die Herausforderungen jeder Zeit angingen, sei unerlässlich, um die eigene Identität lebendig zu halten. Als zweiten Gedanken aus der Ansprache des Papstes nannte der Dekan das „leidenschaftliche Leben in der Gegenwart“. Die Ordensleute zeigten dies durch das Leben ihres Gelübdes der Armut, der Ehelosigkeit und des Gehorsams, das meist von vielen Menschen als Einschränkung ihres Lebens gesehen werde. Dem hielt Bayerle entgegen, dass eine Lebensentscheidung für Partner und Familie, Beruf oder Wissenschaft ebenso immer eine Einschränkung der Freiheit bedeute. „Und wer sich aus freier Entscheidung bindet, das kann auch die freie Entscheidung für Christus sein, bleibt innerlich frei, auch wenn er auf Dinge verzichten muss.“ Der dritte Punkt aus der Rede des Papstes beinhalte die Aufgabe der Orden, die Zukunft mit Hoffnung anzugehen. Angesichts rückläufiger Zahlen bei den Ordenseintritten sollten diese auf den Herrn Jesus Christus ihre Zuversicht legen und vor allem an die Ränder gehen, wo die Menschen auf sie warteten. Es gehe nämlich um das Wohl der ganzen Welt. Dekan Bayerle betonte zum Abschluss, dass dieser Auftrag nicht nur den Ordensleuten gelte, sondern der gesamten Kirche, jeder Pfarrgemeinde, jeder Familie und jedem Christen. Das gelte gerade in Zeiten von leidvollen Schicksalen, von Attentaten und Hasspredigten.

Auch Sr. M. Elisabeth Hartwig OSB, Novizenmeisterin der Benediktinerinnenabtei St. Walburg in Eichstätt und Gastrednerin des Abends im vollbesetzten Pfarrheim, stellte die benediktinische Lebensweise und den Auftrag dahinter ebenfalls als Aufgabe für alle Menschen zu allen Zeiten dar. Zuvor entfaltete sie den rund 50 interessierten Zuhörern aus Monheim und dem ganzen Dekanat, was es bedeute, Ordensfrau von St. Walburg im 21. Jahrhundert zu sein. Das Leben der studierten Physikerin aus Jena sei seit 1990, dem Jahr ihrer Berufung, von der Regel des Hl. Benedikt und der Verbundenheit und Verehrung der Hl. Walburga geprägt. Anhand eines Bildchens vom Hochaltar in der Abteikirche in Eichstätt stellte Sr. Elisabeth die Hl. Walburga vor, die tief verwurzelt aus dem Glauben lebte, für ihre Umgebung und alle Menschen eine mütterliche Frau war und ihr Leben geprägt von der Regel des Heiligen Benedikt führte. Der Ordensvater Benedikt von Nursia, der 480 in Umbrien geboren wurde und das Kloster Montecassino gründete, habe die nach ihm benannte berühmte Ordensregel hinterlassen, die zum Vorbild für Tausende von Klöstern wurde. Bekannt daraus ist der Leitspruch „Ora et labora“. Ordensleute, die nach der Regel von Benedikt leben, ließen ihren Tag durch das Stundengebet (ora) strukturieren. Es gehe dabei um die „Heiligung der Zeit“ und das beständige Lob Gottes. Hinter „labora“ seien zwei Akzente verborgen: die Mühe des Tages im eigentlichen Sinn von Arbeit und Anstrengung und die geistliche Lesung, konkret das Studium der Heiligen Schrift und der Kirchenväter. In Gemeinschaft orientierten Benediktinerinnen sich an den „Evangelischen Räten“, also der Armut, Ehelosigkeit und dem Gehorsam. Positiv formuliert bedeuteten diese die Kultivierung der menschlichen Antriebe „Besitz“, „Geschlechtlichkeit“ und „Streben nach Selbstverwirklichung“. Weitere Aspekte benediktinischen Lebens seien die „Beständigkeit“, also die Bindung an eine klösterliche Gemeinschaft, das „Mühen um Bekehrung“, worunter Dynamik im Leben gemeint sei, und der „Gehorsam“, der sich auf die Offenheit und die Empfänglichkeit eines Menschen erstrecke. All dies verhelfe zu einem Wachsen in der Liebe zu Gott. „Ich bin der Überzeugung, dass diese Spiritualität auch für das geistliche Leben von Nichtbenediktinern oder Weltchristen hilfreiche Anregungen geben kann!“, so Sr. Elisabeth. Im dritten Teil ihres Vortrags entfaltete die Schwester die Rolle der Klöster, insbesondere von St. Walburg, heute. Durch die Schule, den Kindergarten , die Universitätsdienste sowie die benediktinische Gastfreundschaft, erkennbar an den Gästehäusern, seien Benediktinerinnen ebenso sichtbar in der Welt wie durch die Seelsorge mit geistlichen Begleitungen, Exerzitien, Kirchenführungen und Vorträgen. Dass diese Lebensweise attraktiv sei, sehe man auch daran, dass im Moment vier Frauen ihr Versprechen als Oblatinnen abgelegt hätten, also Nichtmitglieder eines Konvents seien, die beispielsweise als verheiratete Frauen ihr Leben an der Ordensregel ausrichteten. Sr. Elisabeth sieht es in der heutigen Zeit als eine Aufgabe der Klöster an, diese Möglichkeit am Klosterleben teilzunehmen, anzubieten und zu fördern. Die zahlreichen Fragen zur Lebensweise der Oblatinnen aus dem Zuhörerkreis des Abends bestätigten das hohe Interesse an dieser Form der Teilhabe am Klosterleben. Für das Jahr 2016 gebe es sogar vier weitere Anwärterinnen zur Oblatin. Nach ihrer persönlichen Motivation befragt, Benediktinerin zu werden, antwortete Sr. Elisabeth, dass die Gottsuche sich durch ihr ganzes Leben ziehe. Das habe sich auch beim Studium der Naturwissenschaften gezeigt. Der Besuch einer Vesper in St. Walburg in Eichstätt habe aber „ihre eigenen Lebenspläne“ durchkreuzt und ihr gewiss gemacht, dass diese Lebensform es ermögliche, die Frage nach Gott ganz und praktisch zu leben. Auf ihre sehr traditionelle Tracht und das Verhältnis zwischen Modernität und Tradition angesprochen, erläuterte Sr. Elisabeth, dass nicht alle Benediktinerinnen eine solche Tracht hätten. Es gebe auch weniger traditionelle Ordenskleidung. Für Eichstätt sei andererseits charakteristisch, dass die Schwestern ihre Chorkapelle im Lauf der Jahrhunderte immer neu der Zeit entsprechend modernisierten und erneuerten. Auch heute ist dieser zentrale, klösterliche Ort ein moderner liturgischer Raum. Sr. Elisabeth schloss ihren Vortrag mit einem Zitat des Heiligen Benedikt: „‘Seht, in unserer Güte zeigt uns der Herr den Weg des Lebens.‘ Diesen Weg des Lebens gemeinsam zu suchen und zu beschreiten ist uns heute mit unseren je eigenen Gaben ebenso aufgegeben wie den Menschen zu Zeiten der heiligen Walburga.“, so Sr. Elisabeth.

Bericht: Andreas Weiß

Foto: Cordula Klenk